Hyundai Ioniq 5 im Test: Schnell geladen, unter idealen Bedingungen (2024)

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Der HyundaiIoniq5 deklassiert den VWID.4 beim Laden: Auf dem Papier kann der Hyundai an DC-Säulen, also mit Gleichstrom, bis zu 220kW ziehen. Beim VW sind es derzeit maximal 125kW. Mag der Energiegehalt der Batterie des Ioniq5 mit 72,6kWh auch ein paar Prozent kleiner sein als beim VWID.4 mit 77kWh, wer schneller lädt, fährt früher weg. Für viele Interessenten ist das Rennen an dieser Stelle beendet: Der Hyundai muss es sein. Im Praxistest zeigte sich aber, dass der Ioniq5 das Versprechen der hohen Ladeleistung nicht vollständig einhalten konnte. Außerdem wird er dem Ruf der überragenden Effizienz, den der Ur-Ioniq erarbeitet hat, nicht gerecht.

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Die große Stärke des HyundaiIoniq5 ist das üppige Raumangebot für die Menschen in Kombination mit einem hohen Geräuschkomfort. Hier sitzen auch Personen über 1,90Meter Körpergröße bequem. Und auch jene, die sich in kleinen Fahrzeugen durch zu wenig Innenbreite eingezwängt fühlen, genießen im Ioniq5 eine hohe Bewegungsfreiheit. Die messbaren Zentimeter werden unterstützt durch einen eher schlank gebauten Armaturenträger und durch eine Mittelkonsole, die nur angedeutet ist: Der Fußraum ist im vorderen Bereich durchgehend.

Serienmäßig verschiebbare Rückbank

Bei Bedarf kann über die serienmäßig verschiebbare Rückbank das Kofferraumvolumen vergrößert werden. Ohne Bose-Soundsystem beträgt es 527Liter und wächst auf bis zu 1587Liter an, wenn mit umgeklappten Sitzen bis unters Dach gepackt wird (ID.4:543/1575l).

Dazu addiert sich im Fall des Testwagens, der mit Heck- statt Allradantrieb ausgerüstet war, ein größeres Fach unter der vorderen Haube: Das "Frunk"-Volumen ("Front Trunk" ) liegt bei der Variante mit Heckantrieb bei 57 statt 24Litern bei der Allradvariante. Selbst der größere Frunk ist mit dem langen dreiphasigen AC-Ladekabel (also für den Wechselstrom zum Beispiel an der heimischen Wallbox) beinahe ausgefüllt. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass es bei Verschmutzung separat liegt. Die Schwäche ist, dass die vordere Haube erst über einen Hebel im Fußraum und dann über den üblichen Hebel unter der Haube entriegelt werden muss. Danach muss der dritte Öffnungshebel für die Plastikabdeckung des Fachs betätigt werden. Bei Tesla geht das einfacher.

Nach dem Start grüßt der HyundaiIoniq5 mit allerlei "Bing-Bing". Das Interieur ist in technisch-grauen Tönen gehalten. Die Verarbeitungsqualität ist hoch. Die Materialauswahl erinnert jedoch in einigen Punkten wie den in billigem Silbergrau lackiert Köpfen der Bedienhebel an den VWID.3.

Auch mit 160 kW kraftvoll

Gestartet wird anders als bei Tesla und VW – dort reicht es, den Fuß aufs Bremspedal zu stellen – über einen Druckknopf. Nach dem Einlegen der Fahrstufe gleitet der Ioniq5 davon. Das gesetzlich vorgeschriebene künstliche Außengeräusch ist dankenswerterweise innen kaum hörbar. Der Hyundai hat ordentlich Druck. Obwohl der Testwagen mit Heckantrieb vermeintlich geringe 160kW Leistung hat (Allradversion: 225kW), sprintet er subjektiv munter. Die Werksangabe für den Standardspurt liegt bei 7,4Sekunden. Das ist eine gute Sekunde weniger als beim vergleichbaren VWID.4, der wiederum gefühlt ausgesprochen behäbig beschleunigt.

Hyundai Ioniq 5 (6 Bilder)

Der langweilige Eindruck des ID.4 liegt unter anderem daran, dass der VW eine perfekte Schlupfregelung hat. Er bewegt sich maximal unspektakulär. Ob gewollt oder nicht, genau diese Antriebsregelung fehlt dem HyundaiIoniq5. Was auf trockener Straße gerade noch als sportlich durchgehen mag, führt bei feuchter Fahrbahn und engen Kurven schon bei mittlerem Krafteinsatz zu einem ordentlichen Heckschwenk. Das wird vom wachen Fahrer und im Zweifel vom ESP problemlos wieder begradigt. Dennoch: Das ist ein Familienauto und kein PorscheTaycan. Bitte nachbessern.

Etwas unentschlossene Fahrwerksabstimmung

Bei der Fahrwerksabstimmung wirkt der HyundaiIoniq5 ohnehin etwas unentschlossen. Einerseits weich und in Kurven wankend, auf Querfugen aber stößig und mit agil ausgelegtem Heckantrieb, das ist in sich weniger harmonisch als der stoische und sichere Komfort des konkurrierenden VWs. Letztlich ist der Hyundai ein starker Gleiter, und so sollte man ihn auch behandeln. Laufen lassen, genießen, und wenn es sein muss, reicht ein kurzer Stromstoß für fast alle Überholmanöver.

Die Lenkung bietet eine angemessene Rückmeldung, und trotz der riesigen Außenbreite von 1,89Meter ohne Spiegel (mit sind es 2,12m) ist das Dirigieren in der Stadt simpel. Ein Abstrich ist der Wendekreis, der mit knapp zwölf Metern weit über dem ID.4 (10,2Meter) liegt und das Einparken oder Wenden erschwert. Das ist der Preis für den Radstand von drei Metern.

Aufladen von Elektroautos
Hyundai Ioniq 5 im Test: Schnell geladen, unter idealen Bedingungen (3)
  • Kälteproblem bei Elektroautos: Temperaturverhalten von Batteriezellen
  • Baustellen der Ladeinfrastruktur
  • Energiekosten für Elektroautos
  • Kürzere Ladezeiten dank 800-Volt-Batteriesystemen
  • Entwicklung der Ladeinfrastruktur für Elektroautos

Der lange Radstand in Verbindung mit den kurzen Karosserieüberhängen kaschiert geschickt, dass der HyundaiIoniq5 ein ziemlich großes Auto ist. Erst auf dem Parkplatz fällt beim Blick auf andere Fahrzeuge auf, was für ein Brummer hier unterwegs ist. Das Design polarisiert: Einigen gefällt es offenbar sehr gut, was durch erhobene Daumen signalisiert wird. Andere äußern ungefragt, dass die Form ihnen nicht zusagt.

Hoher Stromverbrauch

Leider muss auch bei gemäßigter und moderater Fahrweise festgestellt werden, dass der Stromverbrauch hoch ist. Das ist wenig verwunderlich, weil der Ioniq5 breit und hoch und schwer und stark ist. Im Mischbetrieb über 748km lag der Energiekonsum bei 22,3kWh/100km, woraus 326km Reichweite resultieren. Inklusive Ladeverlusten – das ist der Wert, den der Halter bezahlen muss – stieg der Wert auf 24,8kWh/100km (WLTP-Angabe: 16,8kWh). Zum Vergleich: Ein im August gefahrener VW ID.4 nahm 18,6kWh ohne und 20,1kWh/100km mit Ladeverlusten aus der Batterie. Die deutliche Differenz bei ähnlicher Strecke ist nicht allein durch die frühherbstlichen Bedingungen erklärbar, mit denen der Ioniq5 konfrontiert war. Offenbar ist der Hyundai weniger effizient.

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Den Stromverbrauch unter 20kWh zu drücken, gelang auf einer zurückhaltenden Bundesstraßen-Etappe mit dem ständigen Wechsel aus Tempolimits von 100km/h, 70km/h und niedersächsischen Ortsdurchfahrten: Hier zeigte das Display 17kWh/100km an. Im Stadtverkehr waren es bei fließendem Verkehr, trockenem Asphalt und 16Grad Außentemperatur 20,1kWh. Ein Wert, der an einem kalten Morgen und kurzer Strecke auf gut 30kWh anstieg.

Auf der Autobahn lag das Mittel mehrerer Messungen und Richtgeschwindigkeit (Tachoanzeige dabei 133km/h) bei 26,7kWh, was 272km Reichweite entspricht. An einem Tag mit Gegenwind und Regen stieg diese 130km/h-Zahl auf 30kWh an, und auf der direkt folgenden Etappe mit auf 160km/h gesetzten Tempomat-Geschwindigkeit sogar auf 40kWh. Es wäre also nach 180km Schluss. Das dürfte vor allem jene Kunden irritieren, die sich nicht mit batterieelektrischen Autos auskennen und bei der WLTP-Reichweite von 481km erheblich mehr erwarten.

Routenplaner mit Vorkonditionierung fehlt

Was dem HyundaiIoniq5 am meisten fehlt, ist ein Routenplaner nach dem Vorbild von Tesla und hier speziell die Vorkonditionierung der Batterie für die Ladestopps. Das Navigationssystem des Ioniq zeigt zwar an, wenn das Ziel außerhalb der Reichweite liegt. Die Ladepunkte müssen anschließend händisch als Wegpunkte in die Strecke integriert werden. Immerhin ist es möglich, einen Filter zu Netzwerken wie zum Beispiel HPC oder Ionity zu setzen. Auch der funktionierte im Test nicht immer, wie er soll; so wurden in Hamburg beim Filtern nach DC- auch sämtliche AC-Säulen angezeigt.

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Nach einer Nacht mit zehnGrad, also keineswegs winterlich, war außerdem die volle Ladeleistung nicht abrufbar. Zugegeben, es ist eine Provokation, nach 35km Autobahnfahrt und mit einem Batteriestand (abgekürzt SOC für StateofCharge) von 41Prozent an eine Schnelllade-Säule zu kommen. Nach zehn Minuten und einer mittleren Ladeleistung von nur 58kW wurde der Test abgebrochen; es hätten in der Spitze über 200kW sein sollen. Bei der gleichen Prüfung konnte ein Audie-tronGT bereits die volle Power abrufen, weil die Batterie dank des Routenplaners automatisch vorgeheizt wurde. Die Hardware dazu hat auch der Ioniq5, und der Haken für den "Wintermodus" war gesetzt – nur die Software müsste von Hyundai ergänzt werden.

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Dem VW ID.4 beim DC-Laden weit überlegen

Auch beim zweiten DC-Stopp 100Autobahn-Kilometer weiter, die mit bis zu 160km/h gefahren wurden, war die volle Ladeleistung nicht abrufbar. Bei einem SOC von 18Prozent lagen zunächst nur 113kW an. Das Laden an sich heizt die Batterie auf, und man konnte im co*ckpit zuschauen, wie sich die Leistung schrittweise hochackert: Bis zum SOC von 80Prozent vergingen 24Minuten und es wurden 52kWh gebunkert.

Das bedeutet rechnerisch, dass die durchschnittliche(!) Ladeleistung bei 130kW lag. Das ist erstklassig. Damit lädt der Ioniq5 den ID.4 weiterhin in Grund und Boden. Mit einer Vorkonditionierung wäre aber noch mehr drin: Für den SOC-Hub von zehn auf 80Prozent sollen laut Werksangabe eigentlich 18Minuten vergehen, was mit 169kW Ladeleistung nochmals 30Prozent mehr entspricht. Hyundai kann auf Anfrage keine Auskunft dazu geben, ob und wann hier eine Änderung stattfindet. Man weist jedoch darauf hin, dass der Ioniq5 prinzipiell OTA-fähig sei, also drahtlose Software-Updates erhalten könne.

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